You are currently viewing Kapitel 11: Die Baja California und ein Hund namens Zora

Kapitel 11: Die Baja California und ein Hund namens Zora

  • Beitrags-Kategorie:Reiseberichte
  • Lesedauer:14 min Lesezeit

18. November – 09. Dezember 2019; Mexiko: Baja California

Nach sieben Monaten ist es soweit. Wir verlassen unsere englischsprachige Komfortzone und begeben uns auf Terrain, dessen Sprache wir bislang nur bruchstückhaft beherrschen. Zwar sind wir deshalb etwas aufgeregt, aber die Vorfreude auf Zentralamerika mit seinen weißen Stränden, kristallklarem Wasser, dichten Regenwäldern, sagenhaften Maya-Ruinen und vor allem kulinarischen Highlights überwiegt: Willkommen in Mexićo!

Von San Diego aus fahren wir zu einem kleinen Grenzübergang bei Tecate, um das Chaos und die langen Wartezeiten in Tijuana zu vemeiden – ein durchaus sinnvoller Umweg wie wir finden. Wir sind zugegebenermaßen etwas nervös als wir an der Grenze ankommen, da wir uns, anders als in Kanada, selbst um Zoll und Importpapiere für unseren Bus kümmern müssen. Aber alles läuft wie geschmiert! Im Gegensatz zu einigen anderslautenden Gerüchten, sprechen die Grenzbeamten super Englisch (sehr hilfreich, nachdem unser Spanisch an seine Grenzen stößt) und sind total hilfsbereit, sodass wir problemlos einen Aufenthalt für 180 Tage bekommen und unser Kleiner Onkel sogar 10 Jahre in Mexiko bleiben darf :-). Nachdem die Formalitäten erledigt sind kommen wir zum „Business“ und kaufen einem Grenzbeamten noch sehr leckeren Honig und scharfe Sauce ab – wir sind äußerst zufrieden mit unserem Start in Mexiko!

“Bad roads bring good people; good roads bring all kind of people” (Raul, Rancho la Bellota)

Unser erster Platz auf der Baja California ist die „Rancho la Bellota“, eine in einem wunderschönen und abgeschiedenen Tal gelegene Pferdefarm. Dieser Ort wurde uns in einer entsprechenden Facebook-Gruppe und unserer sehr geschätzen App „iOverlander“ wärmsten empfohlen.[1] Wir haben zunächst etwas gezögert, da die Anfahrt ziemlich abenteuerlich und nach Offroad klingt… aber wir denken uns was soll´s, der Kleine Onkel hat schließlich auch den Dempster Highway und einige andere Pisten in Albanien geschafft! Tja, als wir unten angekommen sind, haben wir erstmal keine Ahnung wie wir diesen Berg wieder hochkommen sollen, aber Probleme werden angegangen wenn sie akut sind. Schnell wird deutlich, dass es die beste Entscheidung überhaupt war an diesem Ort unsere Mexikoreise zu beginnen. Eigentlich handelt es sich bei der Farm um eine Guestranch für Gruppen, die dort exklusiv ein verlängertes Wochenende verbringen – je nach Geschmack mit Reiten oder Jagen. Aber Raul und seine Frau Caroline sind selbst Reisende, die nach Möglichkeit jede freie Minute unterwegs sind. Genervt von den vielen Vorurteilen gegenüber Mexiko, denen sie vor allem in der U.S.-amerikanischen Heimat von Caroline begegnen, haben sie beschlossen ihre grenznahe Ranch für andere „Overlander“ zu öffnen. Die (also wir) dürfen dort umsonst stehen und werden mit jeder Menge guter Tipps, mexikanischer Gastfreundschaft und leckerem Tequila eingedeckt.

Die ersten zwei Nächte sind wir mit einem Paar aus Kanada die einzigen Gäste und wir kommen in den Genuss von Rauls ungeteilter Aufmerksamkeit. Er fährt mit uns in die nächste Großstadt um einzukaufen, uns gute Werkstätten zu empfehlen und uns den besten Spot für die berühmten Fischtacos der Baja California zu zeigen. Abends kochen wir zusammen Tacos mit Carne Asado, Bohnen und Guacamole auf dem überdachten Grill der wunderschön mit Fackeln beleuchteten Rancho, während um uns der Regen prasselt. Wir spielen Billard, kommen bei einem Tequila-Tasting in den Genuss des wahren (!) Tequilas und tauschen bis spät in die Nacht Geschichten über unsere Reisen aus. Auch am nächsten Tag regnet es in Strömen, das kommt uns aber eigentlich ganz gelegen, denn so können wir mal wieder unsere Papiere sortieren, Fotos bearbeiten und etwas zur Ruhe kommen. Fraglicher wird hingegen mit jedem Regentropfen, wie wir hier wieder rauskommen, da das Wasser tiefe Furchen in die eh schon grenzwertige Straße gräbt. Am nächsten Morgen fahren Jacky und Justin aus Kanada und schaffen es tatsächlich mit mehreren Anläufen raus – allerdings mit einem wesentlich kleineren Auto und Allterrain-Reifen. Egal, wir wollen eh noch bleiben und warten weiter ab… abends kommen dann die Wochenendgäste, eine Gruppe aus Kalifornien, die die Ranch von Donnerstag bis Sonntag gebucht haben. Von Raul und Caroline werden wir zum gemeinsamen Abendessen eingeladen und verbringen einen witzigen Abend mit den anderen Gästen. Tagsdrauf stellen auch wir uns der Herausforderung! Raul fährt mit seinem Allradauto voraus, um uns im Notfall den Berg hochzuziehen, aber siehe da, unser Kleiner Onkel vollbringt mal wieder wahre Wunder und haut uns raus – einfach ein klasse Bus.

Da wir einige Ersatzteile benötigen und dringend unseren Kraftstofffilter wechseln müssen, verbringen wir den restlichen Tag und Abend in Ensenada. Dort hat gerade die berühmte „Baja 1000“ begonnen, ein Tausendmeilen-Offroadspektakel einmal die Insel runter. Wir sind schwer fasziniert von den Offroadfahrzeugen (und deren Reifen) und genießen die lockere Partystimmung, die die Stadt erfasst hat. Nach einem Bummel am Malecon, der Strandpromenade, treffen wir abends noch zwei Reisende aus Deutschland, die es sich in derselben Sackgasse wie wir zum übernachten gemütlich gemacht haben. Wir unterhalten uns ein bisschen mit Lola und Kevin, tauschen Telefonnummern aus und sind uns aber eigentlich sicher, dass wir die zwei eher nicht mehr sehen werden… so kann man sich täuschen :-)! Zunächst aber treffen wir eine andere Reisebekanntschaft wieder: Wir haben uns mit Benny, Tanja und deren Hund Jago verabredet, die wir vor einigen Wochen in der Wüste vor Las Vegas kennengelernt haben. Gemeinsam campen wir zwei Nächte auf einer Klippe bei La Bufadora, einer kleinen Touriattraktion, da die Klippen bei entsprechendem Wellengang, hohe Wasserfontänen in die Luft spritzen und verbringen zwei lustige Tage und Abende.

Nach einer Woche ganz im Norden der Baja ist es dann aber an der Zeit, mal wieder ein paar Kilometer zurückzulegen. Zum einen soll das Wetter schlechter werden, zum anderen erwarten wir zu Weihnachten Besuch aus Deutschland in Cancun, was noch 5000 km entfernt ist (ja, wir haben die Größe Mexikos krass unterschätzt). Wir fahren weiter bis Cataviña oder auch: ins Kakteen-Wunderland! Kilometerlang haben wir nur karge Steinwüste, vereinzelte Sträucher und endlos scheinende Strände gesehen, bis wir plötzlich von bis zu 20 Meter hohen, 300 Jahre alten und 12 Tonnen schweren Kakteen umgeben sind. Klar, dass wir hier ein bisschen bleiben müssen, allem Zeitdruck zum Trotz… Mitten zwischen diesen Giganten finden wir ein schönes Plätzchen zum übernachten, machen Feuer aus abgestorbenen Kakteen und kochen, wie mittlerweile fast täglich, leckeres mexikanisches Essen. Wir sind äußerst angetan von den Kilopreisen für Avocados (ca. 1,50€), stehen auf die scharfen Saucen und Gewürze (Stichwort Fajita) und erfreuen uns an jeder Menge Reis, Bohnen und Tortillas. Auch unsere Getränkekarte hat sich um ein fragwürdiges, aber irgendwie leckeres Getränk erweitert: Bier mit Clamato, einer Art Tomatensaft mit Muschelpulver, scharfer Sauce und Limetten – muss man probieren, ums zu verstehen ;-)…

Schließlich reissen wir uns von den Kakteen los, verbringen eine Nacht in der gesichtslosen Hafenstadt Guerrero Negro, um Wäsche zu waschen und einen Großeinkauf zu erledigen und fahren nach San Ignacio, einer kleinen Oase etwa in der Mitte der Baja California. Entgegen unserer Gewohnheit schlafen wir auf einem kleinen Campingplatz. Der liegt direkt am See, das Duschwasser wird mit Feuerholz für uns erhitzt und hunderte Dattelpalmen spenden wohltuenden Schatten. Außerdem telefonieren wir mit Lise, die uns an Weihnachten besuchen kommt und da sie Super-Lise ist, hat sie eine Lösung für unser „kleines“ Kilometerproblem parat: statt sie in Cancun abzuholen, wird Lise weiter nach Acapulco fliegen – das spart uns 2000 km Fahrt und ist die Grundlage dafür, dass wir im nächsten Ort eine neue Mitfahrerin aufgabeln können.

Im kleinen Städtchen Mulegé finden wir am Strand einen wunderschönen Platz direkt am Meer. Wir machen es uns neben einer Palapa (quasi ein Pavillon aus Palmenblättern) gemütlich, Benny packt seine Angeln aus und ansonsten ist nicht mehr viel los an diesem Abend – bis Lola und Kevin ankommen. Im Gepäck haben sie drei kleine Welpen, die sie am Nachmittag auf einer Müllkippe in der Wüste aufgesammelt haben. Die Kleinen sind höchstens acht Wochen alt, vollkommen ausgemergelt und halb verdurstet. Wir sind natürlich entzückt, spielen eine Runde mit den drei, aber als ich Benny frage, ob wir eine nehmen sollen, ist er eher abgeneigt. Alles klar, am nächsten Vormittag stehen die drei nach wie vor im Mittelpunkt des Geschehens und Kevin hakt öfter mal nach, ob wir ganz sicher nicht einen behalten wollen (die beiden fahren noch am selben Tag weiter und wollen die Hunde in ein Tierheim bringen). Ich hab mit dem Thema schon abgeschlossen, als mich Benny spontan fragt: „Und, welche behalten wir jetzt?“ So sind wir also zu Zora gekommen…

Nach einer qualvollen ersten Nacht für sie (und uns) bringen wir sie zu einem Tierarzt, lassen sie impfen und entwurmen und beschließen noch ein paar Tage in der Nähe zu bleiben, falls etwas sein sollte. Die Kleine ist absolut zucker, aber wir sind zugebenermaßen etwas überfordert und wissen nicht so ganz worauf wir uns da eingelassen haben. Wir haben schon öfter darüber gesprochen auf unserer Reise einen Hund zu adoptieren, aber in Realität ist es dann doch plötzlich eine ganz andere Hausnummer. Deshalb hängen wir das Ganze auch vorerst nicht an die große Glocke (wer weiß, ob das mit uns wirklich funktioniert) und machen uns langsam auf den Weg Richtung La Paz im Süden der Baja, von wo aus wir aufs Festland übersetzen wollen. Eigentlich ist es nicht mehr weit, aber wir kommen nur sehr langsam voran, da die winzige Blase dieses winzigen Wesens etwa alle Stunde nach einer Pinkelpause verlangt und wir mit Zora generell nicht zu lange fahren können. Andererseits sehen wir so noch einiges von diesem schönen Fleckchen Erde: Die Bahia Concepción, deren türkisblaues Wasser schon fast an die Karibik erinnert, Loreto, wo wir an einem fantastischen Palmenstrand übernachten (inklusive Skorpionen und sonstigem Insektengetier) und, auch ein Novum, wir sehen zuhauf Sonnenaufgänge, da wir mit Zora mehrmals die Nacht und früh morgens rausmüssen. Und als wir uns dann La Paz nähern gestehen wir uns ein, dass wir zu sehr verknallt sind, um Zora jetzt wieder wegzugeben… Naja, eigentlich keine große Überraschung!

In La Paz erkundigen wir uns nach einer Fähre für die Überfahrt aufs Festland und kommen erstmal nur auf die Warteliste. Wir haben uns für die LKW-Fähre nach Topolobampo entschieden, das liegt zwar weiter nördlich als die Alternative, aber dafür darf man dort im eigenen Bus pennen und der Hund muss nicht in den Zwinger. Die Wartezeit überbrücken wir an der Playa El Tocolote und verbringen drei sehr entspannte und kostenlose Nächte direkt auf dem Strand. Hier ist ein kleiner Treffpunkt von Reisenden entstanden, die auf die Fähre warten. Es ist trotzdem alles andere als überlaufen und es gibt sogar ein paar kleine Strandbars – also alles was das Herz begehrt. Am Tag der Abfahrt schauen wir uns noch ein bisschen La Paz an und fahren dann etwas angespannt zur Fähre, da es unter den Reisenden reichlich Gerüchte gibt, wie schwer und wilkürlich es sei einen Platz zu bekommen. Das können wir nicht bestätigen: wir kommen an, unser Bus wird gewogen und inspiziert, dann warten wir noch eine Stunde, ob wirklich Platz ist und bekommen das „Go“. Es wird die angenehmste Fährfahrt, die wir bisher erlebt haben. Wir legen gegen 22 Uhr ab und parken auf dem obersten Deck, sodass wir konstant eine frische Meeresbrise abbekommen. Duschen und ein ausgezeichnetes Abendessen sind im Preis inbegriffen und die Trucker sind allesamt sehr freundlich und angetan von unserem Hund. Als wir nach einer naturgemäß etwas lauten Nacht aufwachen, schauen wir auf den Hafen Topolobampos im berühmt-berüchtigten Bundesstaat Sinaloa. Wir sind angekommen auf dem mexikanischem Festland!

Mehr Bilder von der Baja und Zora gibt´s hier


[1] Mit Hilfe dieser App finden wir unsere Übernachtungsplätze, informieren uns wo es Trinkwasser gibt und bekommen Hinweise über die Straßenzustände – alles von anderen Reisenden beigetragen. Funktioniert übrigens auch in Europa :-)!

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Gerrit

    Hey benni und lena,
    Mexico klingt saucool! Ich selbst war schonmal geschäftlich dort, unsere Firma hatte ein werk in mexicali😉 und dirt hatte ich nen coolen arbeitskollegen, der mit seinem toyota landcruiser schonmal die baja1000 mitgefahren ist.
    Und die zora is echt ne süsse! Wird die noch grösser?😂😂
    Wünsch euch noch viel spass und ne pannenfreie zeit👍👍
    Gruss
    Gerrit

    1. Lena & Benny

      Ja, die Kleine wächst noch (Gott sei Dank): auf der Baja waren es nur zwei Kilo, jetzt hat sie schon 7 kg!
      Die Baja 1000 ist auch so nen Traum…

Schreibe einen Kommentar