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Kapitel 19: Pura Vida

  • Beitrags-Kategorie:Reiseberichte
  • Lesedauer:23 min Lesezeit

06. Januar – 14. Februar 2022

Wir haben es schon angedeutet: für die Einen ist Costa Rica das Paradies schlechthin. Wunderschöne Strände, eine immense landschaftliche Vielfalt und eine Tierwelt, die ihresgleichen sucht. Zugleich ist es wirtschaftlich und politisch um einiges stabiler, als seine nördlichen Nachbarn. Für die Anderen ist es zu touristisch, zu teuer, zu wenig authentisch… und für uns? Für uns ist es ein bisschen von beidem! Die Nationalparks, die großen Attraktionen, die meisten Touren sind uns eindeutig zu teuer und wir lassen sie deshalb links liegen. Etwas abseits der ausgetretenen Pfade finden wir aber immer wieder traumhafte Plätze ganz (oder fast) für uns allein und erleben so unser ganz eigenes Costa Rica.

Erstaunlich was 90 Tage so alles mit einem Gemütszustand machen können. Und damit meine ich noch nicht einmal 90 Tage die man bereits erlebt hat, sondern das bloße Zugeständnis von 90 Tagen. Das erste Mal, seitdem wir in Mexiko aufgebrochen sind, bekommen wir, der Hund und das Auto problemlos 90 Tage Aufenthalt in einem Land am Stück. Das wird uns erst nach dem erstaunlich entspannten Grenzübergang bei einem Blick in die diversen Papiere so richtig bewusst.[1] Mit diesem neuen Bewusstsein wird uns auch noch einmal so richtig klar, wie sehr uns der Zeitdruck in den letzten Monaten genervt hat. Klar ist auch bereits ein ziemlicher Luxus vier Wochen in einem Land zu verbringen. Besser ist aber eindeutig einfach spontan entscheiden zu können, hier bleiben wir jetzt so lange es uns gefällt. Genau so machen wir es auch an unserem ersten Platz in Costa Rica. Zwar bekommen wir hier einen ersten Vorgeschmack auf die deutlich höheren Preise im Land, aber es ist ein zu schöner Ort mit zu netten Leuten, um hier nicht ein wenig länger zu bleiben. Pura Vida eben!

Pura Vida bedeutet genau genommen übrigens so viel wie „pures Leben“, hat in Costa Rica aber eine schwer zu beschreibende, viel allumfassendere Bedeutung. Es ist im Endeffekt nicht weniger als ein Mantra, eine Einstellung, ein Lebensstil und kann in so ziemlich allen Situationen angewendet werden. Als Dank, als Begrüßung, als Verabschiedung, als Antwort auf die Frage „wie geht´s“, als Prost – laut Lonely Planet ist diese Idee tief in der DNA des Landes verwurzelt und da hat der Reiseführer ausnahmsweise mal zu 100% recht.

So lassen wir uns auch nicht aus der Ruhe bringen als der Mechaniker, den wir als erste Amtshandlung in Costa Rica kontaktieren, nach anfänglicher Zuversicht meint, unser Ersatzteil sei auch hier im ganzen Land nicht aufzutreiben. Was soll´s, wir genieße die ersten Tage mit Chillen am Strand, der Sichtung unserer ersten Kapuzineräffchen, Boule spielen und sehr leckerem Essen. Sei es die Ceviche vom Pickup am Strand, monströse gegrillte Riesengarnelen vom Lagerfeuer oder Bennys neueste Lieblingspasta al Limon mit einem guten Glas Weißwein – unser Wohlfühlfaktor ist trotz des kaputten Autos so hoch wie schon lange nicht mehr.

Von Klapperschlangen, Brüllaffen und Krokodilen

Nach fünf Tagen Schlemmerei, vielen guten Gesprächen und bester Gesellschaft, zieht es uns wieder ein wenig ins „einsame“ Leben. Auch der nächste Versuch, das Ersatzteil aufzutreiben scheitert, also hoppeln und ruckeln wir zu unserem ersten richtigen Wildcampingspot seit Ewigkeiten. Wir landen an einem kleinen Canyon durch den ein Fluss mit kristallklarem Wasser fliest und der verhältnismäßig nur sehr wenig vermüllt ist (übrigens so eine Tatsache, die man auf den (unseren) Reisebildern und in Hochglanzmagazinen nie sieht). Nachdem die Tagesgäste verschwunden sind, bleiben nur noch die Geräusche tausender Zikaden, des Dschungels und der Brüllaffen über unseren Köpfen. Klar, dass wir hier wieder ein wenig länger bleiben und die Gegend erkunden wollen.

Nach dem Frühstück brechen wir zu einer kleinen Wanderung am Fluss auf, der schmale Pfad zwingt uns aber schon bald dazu das Flussufer zu verlassen und durch die staubtrockene Graslandschaft weiter oberhalb zu laufen. Während ich noch denke „ganz schön heiß und trocken hier, da leben doch sicher einige…“ höre ich ein klackern und kann gerade noch meinen Fuß zurückziehen, bevor ich ihn auf eine ausgewachsene Klapperschlange setze! Die liegt einmal quer über den Pfad 30 cm von mir entfernt, klappert und bewegt sich ansonsten gleich NULL. Nachdem mein Herz sicher mindestens drei Schläge lang vergisst zu schlagen, springe ich wie eine Verrückte zurück. Auch Benny, etwas gelassener, aber dennoch unangenehm berührt, tritt erstmal den Rückzug an. Problem ist nur, dass unser Hund bereits auf der anderen Seite der Klapperschlange ist und natürlich (und auch nur dieses eine Mal) sofort wieder zu uns möchte. Pattsituation also: Wir auf der einen Seite, Hund auf der anderen Seite und die vermutlich einzige Schlange Zentralamerikas ohne jeglichen Fluchtreflex in der Mitte. Ich bin mittlerweile einer mittelschweren Hysterie nahe, als Benny (wie ich finde todesmutig) einen Stock ergreift und damit der Klapperschlange mit sanften Hieben auf das hintere Ende zu verstehen gibt, sie möge doch den Weg frei räumen. Stunden später meint er nur, er habe sich eben am Kühe treiben orientiert. An den Rückweg, den wir unverzüglich danach antreten, kann ich mich nur noch vage erinnern, aber den restlichen Tag verbringe ich wahlweise mit Bier im Auto oder mit Bier auf Stein im Fluss. Nachdem ich an dieser Stelle meine Schlangenphobie derart offengelegt habe, verwundert es vermutlich niemanden, dass wir am nächsten Morgen sehr früh aufgebrochen sind.[2]

Weiter geht es auf die Halbinsel Nicoya und hier bekommen wir einen ersten Vorgeschmack auf das nordamerikanische Renten- und Urlaubsparadies Costa Rica. Fast alle Werbeschilder, Restaurants und Hinweistafeln sind auf Englisch verfasst, es gibt Carpenter, Grocery Stores und Ziplining Adventures – schon ein wenig heftig. Trotzdem finden wir einen sehr schönen und relativ einsamen Strand, um unseren Wild-Campen-Vorsatz weiter durchzuziehen. Laut der vorbeifahrenden Tourismuspolizei ist das zwar sehr gefährlich, eben weil der Strand so einsam ist, ich mache mir allerdings mehr Sorgen wegen der Warnschilder des hier befindlichen Krokodil-Habitats. Diesmal sind die einzigen Nachbarn, die wir zu Gesicht bekommen, allerdings nur Brüllaffen. Diese niedlichen kleinen Tiere rauben uns zwar jeden Morgen ab 04 Uhr den Schlaf, wenn sie gar nicht mehr so niedlich zu Brüllen beginnen, aber damit lässt sich umgehen. Insbesondere da der fehlende Schlaf durch ausgiebige Siestas in der endlich zum Einsatz kommenden Hängematte, nachgeholt werden kann. Die nächsten drei Tage und Nächte richten wir uns hier ziemlich gemütlich ein, um länger autark zu campen fehlt uns leider das nötige Equipment (Wassertank, Solaranlage und damit auch Kühlschrank) wie wir es von unserem Bus her kennen.

Rundtrip auf der Nicoya Peninsula

Was wir allerdings auch im VW-Bus nicht hatten und wofür es nach fünf Tagen dringend an der Zeit ist, ist eine Süßwasserdusche. Auch Wäsche waschen steht auf dem Programm und mal wieder ohne knirschenden Sand im Dachzelt einzupennen wäre schön – ganz normaler Reisealltag also. Wir fahren weiter an der Küste der heißen und trockenen Halbinsel entlang und freuen uns sehr über den kleinen Campingplatz, den wir auf einer Klippe mit Blick auf den Pazifik finden. Dort gibt es schatten- (und Kokosnuss) spendende Kokospalmen und es weht ein stetiger Wind, dessen an einen Heißluftföhn erinnernde Temperatur dafür sorgt, dass wir a) nicht vollends schlapp machen und b) unsere Wäsche im Handumdrehen trocknet.

Eine weitere Realität ist allerdings, dass wir uns so langsam einigen Fragen in Richtung Zukunftsplanung stellen müssen. Da gibt es die ganz großen (wo und wie möchte ich in einem, in zwei, in fünf Jahren leben?) und die sehr kleinen (reicht das Bier auch noch für morgen?), deren Entscheidung glücklicherweise nicht sofort getroffen bzw. die sehr leicht beantwortet werden können. Mit Panama quasi vor der Nasenspitze müssen wir uns überlegen, wo, wie und ob unsere Reise weitergeht. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten und mindestens genauso viele Unwägbarkeiten. Zudem haben wir natürlich (leider) auch nicht unbegrenzt Kohle, um diesen Lebensstil – null Einkommen, bei hundert Prozent Ausgaben – unendlich weiter zu finanzieren. Und dann gibt es da noch diese kleine Stimme im Hinterkopf, die hin und wieder wieder auftaucht und fragt, ob es nach fast drei Jahren des Rumtreibens und Nomadenlebens vielleicht auch langsam mal gut ist… Glücklicherweise haben die Wellen des Pazifiks eine durchaus meditative Wirkung und helfen uns, unsere durchaus sehr widersprüchlichen und wechselnden Gefühle zumindest mal zu ordnen und in Worte zu fassen. Meist allerdings nur, um alles am nächsten Abend wieder über den Haufen zu werfen :).

Erstmal also weiter… Könnt ihr euch vorstellen, dass es Menschen gibt die schon beinahe zu gastfreundlich sind? Bei Carmen und Alberto werden wir so freundlich und herzlich empfangen, wie man es sich eigentlich gar nicht besser vorstellen kann. Die beiden besitzen ein riesiges Gelände auf dem sie in Zukunft einen Campingplatz aufbauen wollen. Bis es soweit ist, bieten sie Reisenden schon einmal an umsonst in ihrer Auffahrt zu übernachten. Das beinhaltet auch die Nutzung ihrer privaten Toilette, der Waschmaschine und die Einladung zum täglichen gemeinsamen Essen. Wir fragen uns zwar warum wir eigentlich eingekauft haben, genießen aber diesen sehr exklusiven Einblick in das Leben der Beiden und der Menschen hier in Guancaste. So erfahren wir schnell, dass „Vino Coyol“ ein absolutes Muss auf jeder Party ist, eigentlich ein Saft der nach dem anschneiden einer bestimmten Palmenart austritt. Sobald dieser mit Sauerstoff in Verbindung kommt, fängt er an zu fermentieren. Trinkt man den Saft am frühen Nachmittag, hat der Wein lediglich ein paar Prozent und schmeckt noch sehr süßlich – je weiter der Abend und die Nacht fortschreitet, desto stärker und bitterer wird er, bis er am nächsten Morgen ungenießbar ist. Wir kommen in den Genuss mit Carmen und Alberto eine lokale Coyolkneipe zu besuchen, wo der Wein direkt vor Ort hergestellt wird (erinnert ein bisschen an eine Besen- bzw. Straußenwirtschaft). Auch bei der Karaokeparty am nächsten Abend darf Vino Coyol nicht fehlen. Es kommen jede Menge bekannte und weniger bekannte Menschen zu Besuch, es gibt Unmengen an über dem offenen Feuer geschmortes Schwein mit Beilagen und die bereits erwähnte Karaokemaschine. Nach diversen Gesangseinlagen gipfelt der Abend dann in einer Art Comedyshow, bei der sich alle versuchen mit den besten oder schlechtesten Witzen gegenseitig zu übertrumpfen. Wir halten uns zwar eher an den Palmwein als ans Mikro, es war aber trotzdem irgendwie eine denkwürdige Erfahrung dieser Fiesta beizuwohnen. Nach drei Tagen brechen wir mit einer Tüte hauseigener Orangen und bis oben hin voll mit Essen und Erlebnissen wieder auf – und freuen uns darauf, auch mal wieder selbst kochen zu dürfen.

Und täglich grüßt das Murmeltier

Der nächste Campingplatz wird es mit Sicherheit in die Top 10 unserer Lieblingsplätze schaffen, auch wenn unser Auto auf der super steilen Anfahrt zweimal einfach verreckt ist. Durch diese Anfahrt ist allerdings auch der Ausblick unschlagbar und die exponierte Lage am Berghang sorgt für einen angenehmen Wind, sodass die Temperaturen von weit über 30°C erträglich sind. Unsere wieder gewonnene Selbstständigkeit feiern wir abends bei Nudeln mit Tomatensoße und einem ganz normalen Wein, auch ganz geil! Nach der holperigen Anfahrt ist klar, dass wir das Auto so erst einmal nicht weiterbewegen wollen, also heißt es jetzt hoffen, dass wir bzw. der nächste Mechaniker das fehlende Teil endlich auftreiben können. Nach unseren bisherigen Erfahrungen stellen wir uns in jedem Fall schon einmal auf eine längere Wartezeit ein – lieber so als andersrum. Die nächsten neun Tage verbringen wir mit viel Lesen, in der Hängematte chillen, Lernen und Reiseberichte schreiben; mit Musik hören, Aussicht genießen und in der Gegend rum trampen; dem Besuch von Hot Springs (sehr unnötig da eh heiß), einem Restaurantbesuch mit Pool, einer Wanderung zum Bach, einer Wanderung entlang der (illegalen) Goldschürfminen und sehr viel rumsitzen und trinken: morgens Kaffee trinken, nachmittags Limonade trinken, abends Bier mit netten Leuten trinken…

Zwischendurch gibt es immer mal wieder Neuigkeiten vom Ersatzteil: erst gibt es gar keins, dann vielleicht schon. Als nächstes ist es das Falsche, dann sollte es doch passen. Erst geht nur ein Originalteil, dann nur ein Nachgebautes. Erst soll es Dienstag kommen, dann am Freitag, schließlich wird es Sonntag. Aber eines muss man dem aktuellen Mechaniker lassen: er kommt sogar Sonntagmorgen um 8 Uhr und baut uns das Teil ein. Dass das Auto danach immer noch genauso besch***en läuft wie davor, ist wohl weniger sein Fehler. Auch wenn uns so langsam schleierhaft ist, dass offensichtlich kein vermeintlicher Experte in Zentralamerika das Problem finden kann.

Einmal quer durchs Land

Nun gut, mit mulmigen Gefühlen während des Fahrens kennen wir uns inzwischen ja aus, also brechen wir am nächsten Morgen trotzdem auf. Da der Grenzübergang nach Panama in der Karibik um einiges entspannter sein soll, beschließen wir einmal quer durchs Land zu fahren und die restliche Pazifikküste links liegen zu lassen. Es geht also weiter bergauf und damit in eine komplett andere Welt: bislang war die Landschaft vor allem trocken, heiß und staubig; jetzt fahren wir durch saftige grüne Dschungel und Feuchtwälder, geraten in Nebel und Regen und es wird plötzlich empfindlich kühl. Daran ändert sich auch nichts, als wir am Lago Arenal ankommen und unser Lager in einem Park direkt am See aufschlagen. Den Nachmittag verbringen wir erst einmal in der German Bakery – Apfelstrudel mit Vanilleeis sag ich nur! Ist zwar teurer als in wahrscheinlich jedem Kaffeehaus in Wien, dafür aber mal wieder eine echte Abwechslung. Da sich auch die weitere Wetterlage eher zentraleuropäischen Verhältnissen im Januar angepasst hat, schlafen wir das erste Mal auf unserer eigens gebauten Bettkonstruktion im Auto und verbringen den Abend Serie guckend / Tütensuppe essend auf den Vordersitzen. Kann man schon mal machen… Trotzdem ist unser ganzes Setup einfach eher für Schönwetter-Camping geeignet und wir sind froh, als es die nächsten Tage wieder sonniger wird.

Auf der Fahrt nach La Fortuna entlang des Sees stechen uns drei Dinge ins Auge: zum ersten die wunderschöne Natur, zum zweiten der Vulcano Arenal und schließlich die wahre Flut an Schildern, die Hot Springs, Adventure Tours, Resorts und Hotels ankündigen – wir fühlen uns in einer Parallelwelt, wie wir sie das letzte Mal höchsten in der Zona Hotelera in Cancun erlebt haben. Am Ortseingang werden wir von einem überdimensionierten „Go Big or Go Home“-Schild empfangen. Alles klar, wir haben verstanden! Nach einem kurzen Einkaufsstopp fahren wir dementsprechend schnell weiter und landen auf einer ökologischen Kakaoplantage, die rein objektiv wirklich wunderschön ist, wo der Funke bei uns aber nicht so ganz überspringen will. Auf der einen Seite zu viel Krabbelgetier und Wildlife, auf der anderen Seite werden wir nachts mehr als nur einmal herzinfarktverdächtig von den Motorbremsen der vorbeifahrenden LKWs aus dem Schlaf gerissen. Einzig die Kakaotour wäre vermutlich eine ganz interessante Geschichte, nach einem kurzen Preischeck begnügen wir uns aber schnell mit ein paar Fotos.

Nach zwei super schwülen und ameisenlastigen Nächten brechen wir erleichtert wieder auf, die Fahrt entpuppt sich indes schnell als weniger unterhaltsam. Es ist brechend heiß, die Straße ist eine einzige Baustelle und das Auto wird definitiv auch nicht besser. Das ist irgendwie etwas ärgerlich, ist doch bei unserer Art des Reisens vor allem auch der Weg das Ziel. In uns reift daher immer mehr die Gewissheit, dass wir entgegen aller Planungen wohl nicht mehr mit dem Auto zurück nach Mexiko fahren. Zum Glück werden wir durch unseren nächsten Platz (wie schon so oft) mehr als entschädigt. Es ist ein kleines und kühles Paradies in den Bergen, mit Wasserfall und natürlichem Pool. Lediglich tagsüber müssen wir uns das Gelände mit den Tagesgästen teilen, abends und morgens haben wir alles ganz für uns allein. Abgesehen von den Kojoten und Pumas, die in letzter Zeit in der Gegend gesichtet wurden… Direkt nach dem Aufstehen „swingen“ wir uns die nächsten drei Tage mit einem Seil in den erfrischenden Pool, um uns danach bei einem Kaffee in der Morgensonne aufzuwärmen – hier ist mal wieder alles Pura Vida. Zusätzlich entdecken wir den vermutlich einzigen Wasserfall Costa Ricas, der keinen einzigen Cent Eintritt kostet. Auch die Tour dorthin ist ganz und gar kostenfrei, wie schön, dass es immer wieder auch solche Plätze gibt!

Zurück in der Karibik

Mit einem letzten großen Kraftakt schafft es Ruby in die Karibik und zur Reggea Bar. Da wir dringend Internet und Wasser benötigen, haben wir uns ein letztes Mal in Costa Rica für einen Campingplatz entschieden (im Supermarkt kosten 20 L Trinkwasser übrigens in etwa soviel wie eine Nacht Campen / Person – das kann sich also durchaus rechnen). Tatsächlich folgen wir unserem Bauchgefühl und inserieren das Auto zum Verkauf in Panama, ob das wohl jemand kaufen möchte? Auch müssen wir uns so langsam auf den nächsten Grenzübergang und damit verbundenen Papierkram vorbereiten, zum Glück fällt das in dieser Umgebung aber nicht allzu schwer. Im Gegensatz zu vielen anderen Karibikstränden hat der vor unserer „Haustüre“ diesmal feinsten schwarzen Sand, ungewöhnlich hohe Wellen und ist ein echter Traum. Kaum zu glauben eigentlich, wir haben uns schon wieder so sehr an dieses Leben und die atemberaubenden Plätze gewohnt, dass wir uns manchmal selbst davon überzeugen müssen, genau hinzusehen und alles zu genießen. Diese, zugegeben seltsam klingende Form von Reisemüdigkeit, kennen sehr viele (wenn auch längst nicht alle) Traveller die wir bislang getroffen haben. In solchen Momenten ist es immer cool, wenn man sich mal wieder mit ebendiesen austauschen kann und wir freuen uns sehr, dass wir hier Willow und Lee über den Weg laufen.[3] Die beiden bieten uns sofort an, einen Tag auf unseren Hund aufzupassen wenn wir den nahe gelegenen Nationalpark besuchen wollen. Dieses Angebot nehmen wir überaus dankbar an, das Hundeverbot ist nämlich ein weiterer Grund, warum wir bislang in keinem einzigen Nationalpark in Costa Rica waren.

Der „Parque Nacional de Cahuita“ ist wirklich ein empfehlenswertes Schmuckstück direkt an der Karibikküste und soll auch längst nicht so überlaufen sein, wie seine berühmteren Pendants im Rest des Landes. Fünf Stunden wandern wir mal am Strand, mal über Stege und mal direkt durch Sümpfe und sehen jede Menge Affen, Waschbären und unser erstes Faultier. Es gibt sie also doch immer wieder, die Momente in denen man Dinge das erste Mal sieht, erlebt oder tut. Das trifft auch auf die eindeutig coolste Tänzerin zu, die wir abends bei der Freitagsparty in der Reggea Bar kennenlernen: mit 73 Jahren bewegt sie sich anmutiger als eine junge Göttin und ist der Inbegriff von Lebensfreude, Güte und Schönheit – es war uns eine Ehre mit ihr abzufeiern! Ein Tag später als geplant (die Party lässt grüßen) fahren wir noch ein paar Kilometer weiter nach Puerto Viejo, da wir einen Antigentest für die Einreise nach Panama machen müssen. Hier zeigt die Karibik dann noch einmal ihr anderes Gesicht, jenseits der Hochglanzpostkarten und Klischeebildern: es regnet durchgehend. Nicht so ein netter kleiner Nieselregen, sondern in Strömen und ohne Pause. Das ist nicht nur deshalb etwas anstrengend, weil wir bei ausgeklapptem Zelt gerade mal 1 qm² Dach über dem Kopf haben, sondern auch weil sich der ganze Wildcampingplatz in einen See verwandelt – Wasser von allen Seiten also. Glücklicherweise ist das Gehirn aber grundsätzlich ein seltsames Ding, sodass man sich an unangenehme Momente im Nachhinein zwar noch erinnert, sie aber nicht mehr so tragisch erscheinen und irgendwie verblassen. Zumindest funktioniert das bei mir so und so ist es wohl auch mit unserem Fazit von Costa Rica. Selten zuvor auf unserer Reise haben wir so viel Zeit mit Sitzen und Trinken verbracht :). Nein im Ernst, es ist ein wunderschönes Land, vor allem wenn man sich ein wenig abseits der üblichen Pfade aufhält. Ansonsten finden wir es im Vergleich vielleicht manchmal ein wenig überschätzt, da es schon sehr überlaufen ist. Oder es ist überlaufen, weil so sehr geschätzt?  Das müssen wahrscheinlich alle für sich selbst entscheiden…

Zu den Fotos kommt ihr hier!


[1] Der war übrigens so entspannt, dass wir nicht einmal das Erdbeben (immerhin Stärke 6) gespürt haben, weswegen wir zeitweise das Gebäude räumen mussten – wir hatten keinen blassen Schimmer, was da vor sich geht…

[2] Mir ist übrigens durchaus bewusst, dass wir schon an unfassbar vielen Orten waren wo Schlangen leben. Aber einerseits ist es für mich solange ok, wie ich sie nicht sehe und andererseits tritt man ja auch nur selten auf eine Klapperschlange, die zudem äußerst tödlich für unseren Hund gewesen wäre.

[3] Deren Auto heißt übrigens auch Ruby und ist ebenfalls ständig kaputt – nur so als Info, falls ihr jemals darüber nachdenken solltet ein Auto Ruby zu taufen.

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