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Kapitel 3: Der Kleine Onkel erobert Amerikas Straßen

  • Beitrags-Kategorie:Reiseberichte
  • Lesedauer:8 min Lesezeit

13. Mai – 31. Mai 2019; Kanada: Nova Scotia, Prince Edward Island & New Brunswick

13. Mai 2019: wir sitzen in unseren Klappstühlen auf dem Parkplatz eines Walmarts etwas außerhalb von Halifax. Es ist etwa 18 Uhr, die Sonne strahlt vom Himmel und zur Feier des Tages haben wir bereits einige Bier geleert und grillen gerade nen fettes Steak mitten auf dem Parkplatz. Nach einer ersten kurzen Panik im Hafen hat sich herausgestellt, dass wohl jemand ausversehen unser Fernlicht angeschaltet und sich die Autobatterie komplett entladen hat.

Da wir die nächsten Tage super viel organisieren und einkaufen müssen, ist der Shoppingmallparkplatz zwar keine schöne, dafür aber sehr praktische Alternative zum pennen. Und trotz des für uns eher ungewöhnlichen Stellplatzes – wir können uns in diesem Moment keinen schöneren Ort vorstellen!

Das ändert sich recht zügig am nächsten Tag: es regnet in Strömen, hat gerade mal 6°C und wir sind hart gestresst, weil wir seit Stunden kreuz und quer durch die Vorstadt fahren, um Gas, Diesel und Trinkwasser aufzutreiben. Zudem müssen wir uns endgültig eingestehen, dass unsere Zusatzbatterien, die für Kühlschrank und Heizung verantwortlich sind, den Geist aufgegeben haben. Das bedeutet nicht nur mindestens einen Tag länger in Halifax, sondern auch erhebliche Zusatzausgaben. Nach langem hin und her entscheiden wir uns, zunächst nur eine Zusatzbatterie auszutauschen und mal zu schauen, wie weit wir damit kommen bzw. ob wir die Tage nochmal die Solaranlage zum Laufen bringen können (sollte dies gelingen, wäre eine neue Batterie gaaaanz vielleicht ausreichend).

Nach zwei nervenaufreibenden Tagen ist es dann aber endlich geschafft und wir sind startklar! Trotzdem müssen wir uns eingestehen: nach Neufundland und Labrador zu fahren ist mittlerweile irgendwie nicht mehr drin. Mal davon abgesehen, dass es dort immer noch Temperaturen um den Gefrierpunkt hat und Schnee liegt, sind wir unserem „Zeitplan“ durch die diversen Verspätungen bereits 15 Tage hinterher, von unserem überstrapazierten Budget mal ganz zu schweigen. Verdammt schweren Herzens entscheiden wir uns gegen die 2000 km extra und beschließen über Prince Edward Island und New Brunswick zurück nach Quebec zu fahren.

Bevor wir mit der Fähre nach Prince Edward Island übersetzen, verbringen wir noch zwei wunderschöne und vor allem einsame Nächte in Nova Scotia, wo wir zum ersten Mal unseren Dutch Oven über offenem Feuer testen und uns langsam an das Leben im Bus gewöhnen. Auf der Insel erwischen wir noch genau einen sonnigen Tag, dann zeigt uns Kanada was es wettertechnisch auch im Mai noch so alles kann. Mehrere Tage und vor allem Nächte regnet und stürmt es wie verrückt! An einem Platz direkt am Meer sogar so stark, dass in alle Fenster und Türritzen der Sand eindringt – er wird uns noch einige Tage mit charmantem Quietschen und Knirschen begleiten. Viel krasser ist jedoch, dass wir dort auch Zeugen des mehr oder weniger aussichtslosen Versuchs werden, die Leiche eines Fischers zu bergen, der am Morgen gegenüber des Strandes über Bord gegangen ist. Das lässt uns schon ziemlich demütig werden, vor der harten Arbeit dieser Menschen und vor allem vor den Kräften der Natur

Nach diesen Erlebnissen freuen wir umso mehr über den strahlenden Sonnenschein, der uns in North Rustico Harbour erwartet. Wir finden einen fantastischen Platz direkt an einem Steg, wo Benny endlich seine Angeln auspacken kann. Zudem ist das Seafood-Restaurant „Blue Mussel“ nur einen Katzensprung entfernt – es werden sehr entspannte und genussvolle Tage :-). Bevor wir über die beeindruckende 13 km lange Conferderation Bridge zurück aufs Festland fahren, verbringen wir noch zwei Nächte am Cap Egmont, das neben einem Leuchtturm (mal wieder), mit saftig grünen Wiesen auf roten, steil ins Meer abfallenden Klippen aufwartet.

Zurück in New Brunswick müssen wir uns dann aber der Realität stellen, das wir unsere Solaranlage alleine nicht mehr zum Laufen bringen. Wir fahren nach Moncton (vorbei an einer Autobahnauffahrt, wo wir vor ziemlich exakt drei Wochen noch getrampt sind), da es dort einen Laden namens „Canadian Energy“ gibt, der sich auf Batterien und Solaranlagen spezialisiert hat. Der freundliche Mitarbeiter ist mit unserer Selfmade-Konstruktion auf dem Dach leicht überfordert, sodass wir uns drei Stunden Zeit nehmen, um auf den Manager zu warten. Der heißt Jeff und ist großartig, auch wenn er uns erstmal die schlechte Nachricht überbringt, dass wir unsere Solaranlage vergessen können. Als Alternative haben wir die letzten Stunden bereits mit einem portablen Solarkoffer geliebäugelt, der im Schaufenster des Ladens steht. Mit seinen $450 ist der für uns aber echt nicht drin. Jeff scheint das mitzubekommen und meint nach einem kurzen Augenblick, er könne uns das Baby für den Einkaufspreis überlassen, weil er ziemlich cool fände, was wir so vorhaben. Als er dann sieht, dass wir nur eine funktionsfähige Zusatzbatterie besitzen geht er kurz entschlossen in sein Lager und schenkt uns ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren, eine super krasse zweite Batterie. Ziemlich überwältigend!

Top ausgerüstet machen wir uns weiter auf den Weg Richtung Quebec, wo wir uns in einer Woche mit unserem ersten Besuch aus Deutschland treffen. Aber auch die Provinz New Brunswick hat einiges zu bieten und es wäre viel zu schade, einfach nur stur durchzufahren. Wir verbringen zwei Tage an den fantastischen Pabineau Wasserfällen, wo wir uns auf flachen Steinen sonnen und so richtig entspannen. Im Mount Carleton Provincial Park genießen wir es, weit und breit die einzigen Menschen zu sein, gehen wandern, kochen Hummer über offenem Feuer (Spielschulden meinerseits an Benny) und strecken zum ersten Mal mehr als nur einen Zeh in das kristallklare Wasser des Nictau Lake (wenn auch noch lange nicht von Schwimmen die Rede sein kann).

Ende Mai ist es dann soweit, wir überqueren ein weiteres Mal den St. Lorenz Strom und begeben uns auf altbekannte Wege Richtung Tadoussac um dort Manu und Steffi zu treffen. Die letzten Wochen waren für uns super wichtig, um uns erstmal einzugrooven, ein paar nervigere Angelegenheiten mit dem Bus zu erledigen und richtig in unserem neuen Leben und Alltag anzukommen. Umso größer ist jetzt unsere Vorfreude, gute Freunde aus Deutschland wiederzusehen und gemeinsam mit ihnen ein Stück durch dieses unfassbare Land zu fahren!

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