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Tagebuch IV: 12 Monate Deutschland

  • Beitrags-Kategorie:"Corona"-Tagebücher
  • Lesedauer:13 min Lesezeit

September 2020 – August 2021; Deutschland: Mal hier, mal da

Eigentlich sind wir Euch ja noch den Bericht über die letzten Monate in Guatemala und Mexiko schuldig, bevor wir unsere Reise schweren Herzens unterbrochen haben. Die Bilder sind bearbeitet und ausgewählt, die fertigen Notizen ermahnen mich seit August 2020 jetzt endlich in die Pötte zu kommen! Aber mei, irgendwann mal wird jeder passende Augenblick unpassend und ist dahin. Bevor wir demnächst also unser Projekt „Panamericana, die Zweite“ angehen und es dann hoffentlich nur noch vernünftige Reiseberichte geben wird, deshalb ein kurzer, durchaus lückenbehafteter Jahresrückblick an dieser Stelle (und damit schließen wir dann auch die Kategorie „Corona-Tagebücher“).

September 2020

Zurück in Deutschland und erstmal alles geil: Supermarkt – geil! Essen – geil! Lang ersehntes Wiedersehen mit Familie und Lieblingsmenschen – ihr versteht das Prinzip…

Wir müssen uns kurzfristig in Quarantäne begeben, bis wir unsere negativen Tests bekommen. Finden wir aber gar nicht so blöd, da es uns die Möglichkeit gibt erst einmal kurz durchzuatmen – nach 1 ½ Jahren plötzlich wieder in Deutschland zu sein, ist doch leicht überfordernd! Mit Hund, der den Flug erstaunlich gut weggesteckt hat, geht es also ab in den Spessart ins Ferienhaus von Bennys Mom. 12 Stunden später ist dann auch schon das Testergebnis da und der Wiedersehensmarathon beginnt :-)… Die ersten Wochen, bis unser Bus wieder in Deutschland ankommt, können wir in Horb bei Freunden unterkommen. Im Prinzip folgt daraufhin eine 4-wöchige Dauer-Wiedersehensparty!


Oktober 2020

Ok, jede Party hat einmal ein Ende. Es stellt sich die Frage was wir mit unserer Zeit in Deutschland anfangen. Dass wir unseren Rückflug Ende November nach Mexiko wahrnehmen, erscheint uns schon jetzt sehr unrealistisch! Zwar sollen bald die ersten Grenzen wieder öffnen, aber wir haben momentan die Schnauze voll von „tal vez“, „vamos a ver“ und „mañana“. Plan B: warum nicht mal wieder weiterbilden und unseren Gehirnen etwas Futter bieten. Und dann kommt ja auch noch unser Bus in Deutschland an: statt der geplanten zwei Wochen, war er jetzt sieben unterwegs. Irgendjemand wollte in dieser Zeit wohl auch sicher gehen, dass er sich nicht so alleine fühlt und hat ihm regelmäßige Besuche auf hoher See abgestattet. Ein Danke dafür, das nächste Mal aber bitte hinterher ein bisschen aufräumen![1]

Egal, wir freuen uns sehr und tingeln los auf eine kleine Tour durch Deutschland… gerade noch rechtzeitig schaffen wir einige Besuche (aber leider längst nicht alle), bevor es dann wieder „kleinteilig“ wird, was die erlaubte Personenzahl angeht.

November 2020

Wir wohnen wieder im VW-Bus. Ist frisch! Aber wir haben mit unseren Weiterbildungen begonnen und sind durchaus motiviert. Unseren Rückflug verschieben wir erstmal auf nächstes Frühjahr. Bis dahin ist doch sicher wieder alles gut, oder?! Ansonsten ist der November genauso grau, wie wir ihn in Erinnerung hatten – immer öfter erwischen wir uns bei dem Gedanken: „weißt Du noch, vor einem Jahr, da waren wir da und da… war super heiß… aber zum Glück waren wir am Meer“!


Dezember 2020

Wir kapitulieren vor der Kälte und ziehen kurzfristig zu Bennys Papa – schön, Eltern zu haben bei denen man jederzeit aufkreuzen kann. Aber auch ein wenig seltsam, schließlich ist die Entscheidung vor über 15 Jahren Zuhause auszuziehen, auf äußerst freiwilliger Basis und gegenseitigem Einverständnis erfolgt. Es folgt das übliche Weihnachts-, Familien- und Fressspektakel, manche Dinge ändern sich halt nie :-)…


Januar 2021

Umzug Nummer vier: es geht zurück in den Spessart und damit in den Wald! In der kleinen Holzhütte gibt´s nur wenig warmes Wasser, als Heizung dafür einen Kamin. Auch sonst fühlen wir uns in eine kleine Cabin in Kanada zurückversetzt; Holzschleppen, wilde Tiere (ok, es sind keine Bären) und viel Einsamkeit inklusive. Ein besonderer Vorteil: als gemeinsamer Haushalt bekommen wir fast jedes Wochenende Besuch und können in den nächsten Wochen dadurch noch einmal viele liebe Menschen wiedersehen.

Februar 2021

Es kommt Bewegung ins Spiel. Nicht reisetechnisch, da müssen mal wieder alle Pläne ordentlich über den Haufen geworfen werden, aber: ich kann für einige Zeit zurück in meinen alten Job. Das ist zumindest der Reisekasse und auch meiner Stimmung sehr zuträglich. Ansonsten arbeiten wir viel im Garten, genießen Schnee und Sonne, chillen vorm Kamin und sind uns sehr einig, dass wir in dieser eher düsteren und einsamen Zeit eindeutig an schlechteren Orten hätten landen können.


März 2021

Die Tage werden ganz langsam wieder länger; leider geht das einher mit der Sehnsucht nach Reisen, Freiheit und Weite.  


April 2021

Der Frühling kommt… und ist dann auch schon wieder weg! Trotzdem verlassen wir nach drei Monaten unsere kleine Hütte im Wald – es wird Zeit für ein bisschen mehr Weitblick und Sonnenschein. Da kommt es uns sehr gelegen, dass wir für knapp zwei Monate „House-Sitting“ bei guten Freunden in Lindau machen können. Von zwei Zimmern und ca. 40 qm² geht es in unser persönliches Schloss: 7 Zimmer, 2 Bäder (beide mit Wanne!), Waschmaschine, geile Küche und riesiger Garten – dabei natürlich Blick auf den See und die Alpen! Kann man mal machen… Highlight des Monats? Eine Zehenspitze im Bodensee!

Mai 2021

Und mal wieder plagen uns die Zweifel: Am 04. Juni geht unser Flug nach Kanada,[2] von Grenzöffnung aber immer noch keine Spur! Kurzfristig planen wir einen Osteuropa-Trip im Sommer, aber auch das müssen wir schnell wieder über den Haufen werfen – unser Bus streikt. Diesmal wird es wohl was Längeres werden. Außerdem wird mir eine Vertragsverlängerung angeboten und die Aussicht unser Reisekonto weiter aufstocken zu können, ist verlockend. Damit heißt es auch für Benny sich noch einmal kurz zurück ins Arbeitsleben zu stürzen.


Juni 2021

Ein letzter Umzug steht an! Da Benny tatsächlich einen 3-monatigen Vertrag bei seinem ehemaligen Arbeitgeber bekommen hat und er als Erzieher schlecht „remote“ arbeiten kann, geht es zurück nach Stuttgart. Bei mir läuft es arbeitstechnisch leider zunächst nicht so gut: ist man einmal „aus“gestellt, muss man halt wieder komplett neu „ein“gestellt werden. Es lebe die Bürokratie! Das Ganze zieht sich tatsächlich drei Wochen hin, sodass ich erst Ende Juni wieder arbeiten kann. Und in der Zwischenzeit? Mir fällt die Decke auf den Kopf, also geh ich ein paar Tage wandern auf der Schwäbischen Alb und Benny feiert seinen 35. Geburtstag – mit mehreren (!) Menschen auf einmal. Es ist ein sehr surreales Gefühl: die erste halbwegs normale Party seit Monaten.


Juli 2021

Was für eine triste und graue Angelegenheit. Wenigstens schaffen wir es, (mal wieder) Nägel mit Köpfen zu machen: Flug nach Mexiko (es ist ein ewiges hin und her) ist für Anfang September gebucht; Jobs laufen dementsprechend aus; wir optimieren unsere Camping-Ausbau-Skills; buchen Konzerttickets für Mexiko Stadt im Oktober 2022 (damit haben wir ein Date); bessern weiterhin das Reisebudget auf und beginnen uns innerlich wieder von Deutschland zu verabschieden.

August 2021

Der Countdown läuft… Haben wir an alles gedacht? Was nehmen wir mit, was motten wir ein? Wo bekommen wir ne ordentliche Auslandskrankenversicherung? Wo stellen wir den Bus unter? Wie wollen wir uns in Mexiko fortbewegen? Viele Fragen sind denen von vor 2 ½ Jahren gar nicht mal so unähnlich.

Auf der einen Seite schauen wir dem Ganzen viel gelassener entgegen, wissend und darauf vertrauend, dass sich schon immer irgendwie eine Lösung finden lässt. Andererseits sind manche Dinge grundlegend anders… Von den pandemiebedingten Aspekten einmal abgesehen (Stichwort Grenzschließungen, Bewegungsfreiheit, Bedingungen vor Ort), werden wir ohne unseren eigenen Bus losziehen – ein vertrautes Stück Heimat, unser Zuhause auf Rädern, fällt damit also weg. Aber hey, ein bisschen Abenteuer muss ja schließlich sein…


[1] Tatsächlich wurden uns diverse Dinge aus dem Bus entwendet. War jetzt nicht so schlimm, da wir auf diese Eventualität vorbereitet waren und dementsprechend kaum was von Wert im Bus gelassen haben. Sah aber aus wie im Saustall…

[2] Da wir keine zweite Hurrikansaison in Mexiko mitnehmen wollten, hatten wir nach Kanada umgebucht

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